Dagmar Guenther (oficial)
Arqueóloga - Artista - Cineasta

Erotic representations of women in ancient times (German)
















Frauen in der antiken Welt

 

Einleitend zu meiner nachfolgenden Ausführung zum Thema „Erotische Frauendarstellungen in der Antike“ ein kurzer Überblick/Vergleich über die Situation der Frauen in Griechenland und Rom in der damaligen Zeit.

 

Situation in Griechenland

 

Frauen im antiken Griechenland unterstanden rechtlich ihrem Mann. Das Tätigen von Geschäften wie auch der Zugriff auf das eigene Vermögen waren ohne Erlaubnis des Gatten nicht möglich. Für Frauen der antiken griechischen Welt galt das Keuschheitsgebot, und bevorzugt verließen sie nur in Begleitung das Haus. In der Öffentlichkeit verhüllte die verheiratete griechische Frau ihr Haupt. Mit zunehmenden Einfluss der Römer ab Beginn des Hellenismus (320 v. Chr. – 30/27 v. Chr.) gewannen auch die Frauen mehr Freiheiten dazu.

 

Situation in Rom

 

Freigeborene Römerinnen genossen mehr Freiheiten als die Griechinnen, doch von einer echten Gleichberechtigung waren sie weit entfernt. Auch in Rom waren Frauen nur beschränkt geschäftsfähig und besaßen keinerlei Rechte - außer denen an ihrer eigenen Person. So durften Römerinnen weder Bürge noch Vormund sein, und auch der Zugang zu öffentlichen und politischen Ämtern war ihnen verwehrt. Allgemein waren die Aufgaben der römischen Frau ähnlich wie bei den Griechinnen auf Mutterschaft und Haushalt beschränkt.

 

Die Darstellung der Frau in Skulpturen

 

Unter den Athleten-Darstellungen der Antike finden sich ausnahmslos Männer. Weder im griechischen noch im römischen Raum lassen sich weibliche Athleten als Skulptur finden – und das obwohl im antiken Rom Frauen ab 45 n. Chr. ebenfalls an Wettkämpfen teilnahmen. Auch die Darstellung des Nackten war in Griechenland zu Beginn auf den männlichen Körper beschränkt. So finden sich unbekleidete Damen bis 360 v. Chr. auch nur im privaten Bereich in Form von Hetären und Amazonen. Erst der Bildhauer Praxiteles wagte 360 v. Chr.  das Unmögliche und sorgte mithin für einen handfesten Skandal: die Darstellung einer vollständig unbekleideten Göttin („Aphrodite von Knidos“). 

 

Als Beispiele dienen mir nachfolgend fünf Skulpturen unterschiedlicher Epochen.

 

Amazone Typus Sciarra

 

Plaster cast of the Amazon of Sciarra. Abguss-Sammlung Antiker Plastik Berlin. Photo (c) Dagmar Guenther, 2020.

Die in Kopenhagen, aber auch als Replik in den Staatlichen Museen zu Berlin stehende lebensgroße Amazone vom Typus Sciarra ist in meiner Auswahl das älteste Stück. Die marmornen Repliken gehen zurück auf eine heute nicht mehr erhaltene, bronzene Gruppe von insgesamt fünf Amazonen, welche auf die Zeit um 430 v. Chr. datiert werden. Diese Fünfergruppe soll einst im Artemis-Heiligtum in Ephesos gestanden haben. Hier gilt es zu erwähnen, dass die Göttin Artemis schon alleine aufgrund ihrer Eigenschaften – wild, unabhängig, freiheitsliebend, unbeherrscht – die ideale Göttin für die Amazonen darstellte.

 

Die Amazone vom Typus Sciarra ist aus pentelischen Marmor und misst ohne Plinthe 170 cm. Gefunden wurde sie 1868 im Vicolo di S. Nicolò di Tolentino in Rom. Dargestellt ist hier eine verwundete Amazone mit doppelt gegürtetem, kurzem Chiton, der beide Brüste freilegt und faltenreich über ihren Körper hinab fällt, um dann mittig der Oberschenkel zu enden. 

 

Auch wenn Film und Fernsehen gerne Anderes suggerieren: die griechische Amazone gibt es nicht. Die Amazone als Kriegerin war in der griechischen Welt geprägt durch die Vorstellung des weiblichen Kriegertums der nordpontischen Reiternomaden. Sie steht im völligen Kontrast zur Vorstellung des Weiblichen im antiken Griechenland. Und doch ist dies in keiner Weise negativ zu werten – die Amazonen waren gefürchtet, und man würdigte sie als Heroen eines fremden, gegnerischen Volkes wie man auch die eigenen Helden würdigte. 

 

Die Amazonen wurden als Kämpferinnen dargestellt, daher auch niemals vollständig entkleidet gezeigt. Auch in der Antike kämpfte Mann/Frau nicht nackt.

 

Aphrodite von Knidos

 

Die bereits erwähnte Aphrodite von Knidos ist die erste vollständig unbekleidete Göttinnen-Skulptur der Antike. Um 360 v. Chr. wurde sie von Praxiteles für die Bewohner der Insel Kos gefertigt. Mit einer nackten Göttin konnten und wollten diese sich jedoch nicht abfinden. Und so kauften die Bewohner der Stadt Knidos ihnen die badende Göttin ab. In einem eigens für sie errichteten Tempel fand sie ein neues Zuhause und wurde schnell zur Touristenattraktion der Antike. Sicherlich sorgte auch das Gerücht, eine Hetäre hätte Praxiteles Modell gestanden, für die benötigte Aufmerksamkeit.

 

Auch in diesem Fall ist das bronzene Original nicht erhalten, so dass wir uns mit einer marmornen Replik zufrieden geben müssen. Die Aphrodite misst ohne Plinthe 202 cm und wurde in Rom gefunden. Sie ist eine der am häufigsten kopierten Bildwerke der Antike. Man kennt heute rund 50 großplastische Kopien aus römischer Zeit sowie unzählige Variationen.

 

Die auf Rundumsicht ausgelegte Statue begründete den Typus der schamhaften Venus, der Venus pudica. Mit ihrer rechten Hand versucht sie ihren Schambereich zu bedecken. Wie bereits weiter oben erwähnt wurde diese Aphrodite im Kontext des Badens dargestellt. Auf der Stütze hat sie eine Hydria abgestellt, während sie mit ihrer linken Hand das soeben abgestreifte Gewand hält.

 

Aphrodite d’Este

 

Plaster cast of the Aphrodite d'Este. Abguss-Sammlung Antiker Plastik Berlin. Photo (c) Dagmar Guenther, 2020.

Die nur 114 cm große Statue aus pentelischen Marmor befand sich einige Zeit in der estensischen Sammlung auf Schloß Catajo bei Este und kann heute im Kunsthistorischen Museum in Wien bewundert werden. Anders als andere Skulpturen kann dieses Stück als einzigartig angesehen werden. Es existieren weder Vorbilder noch Repliken, auch wenn in der Wissenschaft diskutiert wird, ob die Aphrodite nicht möglicherweise doch ein griechisches Vorbild hatte. Aufgrund dessen ist eine Datierung der Figur äußerst schwierig. So lassen sich Angaben vom Ende des 5. Jhd. v. Chr. bis ins 1. Jhd. v. Chr. finden.

 

Die Skulptur ist auf Frontalität ausgelegt und zeigt eine mit übereinander geschlagenen Beinen stehende, mit einem bodenlangen Chiton bekleidete Frau. Auch wenn sie stark fragmentiert ist, lässt sich erkennen, dass auf ihrem rechten Arm ein Kind sitzt, welcher in der Wissenschaft als Eros, Aphrodites gemeinsames Kind mit dem Kriegsgott Ares, identifiziert wurde. Anders als bei den vorangegangenen Statuen fällt bei der Aphrodite von Este auf, dass sie zwar bekleidet ist, ihr Gewand jedoch „klitschnass“ und damit vollständig transparent wirkt. Dieses für die Epoche „Reicher/Nasser Stil“ (430–400  v. Chr.) typische Merkmal sorgt dafür, dass manche die Figur ins 5. Jhd. v. Chr. datieren.

 

Sogenannte Venus vom Esquilin

 

Plaster cast of the so-called Esquiline Venus. Abguss-Sammlung Antiker Plastik Berlin. Photo (c) Dagmar Guenther, 2020.

Bei der sogenannten Venus vom Esquilin handelt es sich um eine fast lebensgroße römische Statue aus parischem Marmor, mit Plinthe 155 cm hoch. 1874 wurde sie zusammen mit zwei Frauen-Statuetten und der Büste des Commodus Typus Konservatorenpalast in den Horti Lamiani auf dem Esquilin gefunden. Bereits bei ihrem Auffinden war sie in drei Teile zerbrochen, die Arme fehlten.

 

Wie auch die Aphrodite von Knidos ist auch die sogenannte Venus vom Esquilin unbekleidet im Kontext des Badens dargestellt. Hinweise darauf liefern das rechts von der Figur stehende balusterförmige Gefäß sowie das darüber abgelegte Gewand. Vor allem die Stütze hat in der Forschung für viele Kontroversen gesorgt. So deuten das umgekippte Kästchen mit Blumen einige als Utensil einer Kanephore während des Isis-Kultes. Einig sind sich die Wissenschaftler/innen bei dem Motiv auf dem Gefäß – man geht davon aus, dass es sich hierbei um die Darstellung einer Uräusschlange handelt, dem Herrschaftssymbol des ägyptischen Königshauses. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass die badende Dame auch gerne mit Kleopatra VII. in Verbindung gebracht wird – auch wenn weitere Eindeutigkeiten oder gar Ähnlichkeiten mit vorhandenen Porträts fehlen. Auch die Frage nach der zeitlichen Herkunft der sogenannten Venus kann bis dato nicht abschließend geklärt werden, ihre Entstehung ist zwischen 50 v. Chr. und dem 2. Jhd. n. Chr. einzuordnen.

 

Festhalten lässt sich daher nur, dass wir hier eine badende junge Frau mit einem knabenhaften Körper vor uns haben, fast ein wenig schüchtern nach unten blickend.

 

Schlafende Ariadne

 

Das in den Vatikanischen Museen ausgestellte marmorne Werk geht auf eine hellenistische Anfertigung aus Pergamon aus dem 2. Jhd. v. Chr. zurück. Die knapp 191 cm lange und 161 cm hohe Marmor-Replik dagegen kann in die hadrianische Zeit zwischen 130 und 140 n. Chr. datiert werden. 1512 wurde sie von Papst Julius II. für den Cortile erworben und zu einem Brunnenelement umgearbeitet.

 

Die Skulptur nimmt Bezug auf die griechische Legende der kretischen Prinzessin Ariadne. Diese rang Theseus, dem Bezwinger des Minotaurus, zunächst ein Eheversprechen ab, musste dann jedoch feststellen, dass dieser sie gar nicht wollte.  Auf der Insel Naxos ließ er sie schlafend zurück, wo der Gott Dionysos sie schließlich fand, sich in sie verliebte und ehelichte.

 

Plaster cast of Sleeping Ariadne. Abguss-Sammlung Antiker Plastik Berlin. Photo (c) Dagmar Guenther, 2020.

Dargestellt wird Ariadne in liegender Position, erinnernd an jene Szene als Dionysos sie einst erblickte. Das faltenreiche, nass wirkende Gewand umspielt ihren Körper, während ihre Brüste entblößt sind. Ihr linker Arm stützt den Kopf, was Ariadne verträumt wirken lässt.

 

Ähnliche Szenen lassen sich in der griechischen Vasenmalerei finden, so dass man bei diesem Werk davon ausgehen kann, dass es sich in der Tat um die mythologische Prinzessin Ariadne handelt.

 

Fazit

 

In der Antike galt es lange Zeit als unschicklich, Frauen hüllenlos darzustellen – eine Tatsache, die dem Frauenbild der antiken Welt geschuldet war. Erst langsam ab 360 v. Chr. begann man, auch Göttinnen und Frauen - vor allem im Zusammenhang mit Mythologie, Geburt und Mutterschaft - unbekleidet zu zeigen.

 

Schaut man sich die fünf voran genannten Werke an, stellt man fest, dass nicht immer die Erotik im Vordergrund steht.  Bei der Amazone handelt es sich vorranging um eine Heroendarstellung. Dagegen lassen sich für die Aphrodite von Knidos, die Aphrodite d’Este, die sogenannte Venus vom Esquilin wie auch für die schlafende Ariadne eindeutig sexuelle Komponente erkennen: das Voyeuristische, das transparent wirkende, den Körper umspielende Gewand, die Körperhaltung, die legendenbehaftete Hintergrundgeschichte. Was der Anblick dieser Figuren beim Betrachter auslöste ist nicht überliefert. Ich wage zu behaupten, dass die Männer der damaligen Zeit sich über den Anblick einer unbekleideten jungen Frau vermutlich genauso gefreut haben wie die heutigen Generationen. Und seien wir ehrlich – auch wir Frauen sind da nicht anders gestrickt.

 

Lange hatte es in der Antike gedauert bis auch das weibliche Geschlecht den unschicklichen Aspekt des „unbekleidet seins“ abstreifen konnte. Und doch gibt es auch heute wieder Bestrebungen, das Nackte aus dem öffentlichen Raum, aus öffentlichen Museen zu verdrängen. Religiöse, politische aber auch gender-bezogene Ansichten sorgen dafür, dass in der Moderne eine erneute Diskussion darüber entbrannt ist, ob es denn schicklich sei, Frauen und Männer in solcher Form öffentlich zu präsentieren.

 

Literatur

 

B. Andreae, Göttliche Nacktheit. Von Männern, Frauen und Eroten, AW 4, 2010, 36–44 

 

N. Barth, Hinter dem Schleier. Über verhüllte Frauen in der griechisch-römischen Antike, AW 1, 2011, 13–18 

 

R. Bol, Amazones volneratae. Untersuchungen zu den ephesischen Amazonenstatuen (Mainz am Rhein 1998)

 

A. Dietrichs, Erotik in der Kunst Griechenlands (Mainz am Rhein 2008)

 

M. Grant – J. Hazel, Lexikon der antiken Mythen und Gestalten  3(Berlin 2014)

 

C. Häuber, Zur Ikonographie der Venus vom Esquilin, in: KölnJB 21, 1988, 35–64 

 

C. M. Havelock, The Aphrodite Of Knidos And Her Successors. A Historical Review Of The Female Nude In Greek Art (Ann Arbor 1995)

 

M. Hoffmann, Über die ephesischen Amazonenstatuen, Philologus 23, 1866, 397

 

R. M. Hofter, Gattung und Wirkung. Überlegungen zur Statue der Aphrodite Este, in: H. Schwarzer – H.-H. Nieswandt – K. Martin – M. Blömer – D. Salzmann (Hrsg.), „Man kann es sich nicht prächtig genug vorstellen“. Festschrift für Dieter Salzmann zum 65. Geburtstag (Münster 2016) 299–313 

 

J. Maćków, Autoritarismus. Noch immer das System des eingeschränkten Pluralismus, in: J. Maćków (Hrsg.), Autoritarismus in Mittel- und Osteuropa (Wiesbaden 2009) 17–43 

 

K. Parlasca, Sogenannte Venus vom Esquilin, in: W. Helbig, Die Städtischen Sammlungen. Kapitolinische Museen und Museo Barracco (Tübingen 1966) 304–305 

 

K. Stemmer, In den Gärten der Aphrodite, Ausstellungskatalog (Berlin 2001)

 

S. E. A. Wagner, Die Venus vom Esquilin. Neue Erkenntnisse in einer alten Diskussion (Norderstedt 2017)

 

A. Stähli, Vom Auge des Betrachters entkleidet. Inszenierung des Themas und Konstruktion des Betrachters in der hellenistischen Plastik. Die Schlafende Ariadne im Vatikan, in: H. P. Isler – S. Buzzi – D. Käch – E. Kistler (Hrsg.), Zona archeologica. Festschrift für Hans Peter Isler zum 60. Geburtstag (Bonn 2001) 381–397 

 

J. J. Winkler, Der gefesselte Eros. Sexualität und Geschlechterverhältnis im antiken Griechenland  2(Essen 2002)


 C. M. Wolf, Die schlafende Ariadne im Vatikan. Ein hellenistischer Statuentypus und seine Rezeption (Hamburg 2002)

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