Dagmar Guenther (oficial)
Arqueóloga - Artista - Cineasta

Falling

Ein Familiendrama, das zu Herzen geht


Das Regiedebüt des Der Herr der Ringe-Darstellers Viggo Mortensen


Mit Falling wagt sich der in den USA geborene Däne nun erstmalig hinter die Kamera. Dabei weist das 2019 in Kanada und den USA gedrehte Drama den 62jährigen nicht nur als Regisseur aus. Mortensen hat den Film über sein eigenes Studio Perceval Pictures produziert, das Skript geschrieben, die Musik komponiert und eine der Hauptrollen übernommen. Lance Henriksen, Terry Chan, Laura Linney, Sverrir Guðnason, Hannah Gross und Bracken Burns komplettieren den Cast. Auch der Kult-Regisseur David Cronenberg wurde mit einem Gastauftritt bedacht.

 

Promotion unter erschwerten Bedingungen


Falling erlebte seine Uraufführung am 31.01.2020 beim Sundance International Film Festival in Park City/Utah, USA. Zudem wurde der Film in die Auswahl des Cannes Film Festival aufgenommen und später ebenfalls beim Toronto International Film Festival präsentiert – aufgrund der Corona-Pandemie alles unter erschwerten Bedingungen, teilweise nur online. Nach dem Erfolg beim Festival Internacional de Cine de San Sebastián entschied sich Mortensen Falling in weiteren europäischen Städten persönlich vorzustellen. Seine Promotion-Tour führte ihn durch Spanien in die französischen Städte Lyon und Paris, weiter nach Gent in Belgien und Berlin bis nach Kopenhagen und Ringsted in Dänemark. Corona-bedingt alles alleine per PKW. Am Ende dürften einige tausende Kilometer zusammengekommen sein.

Familiendrama

 

Die 112-minütige kanadisch-britisch-dänische Co-Produktion erzählt die Geschichte des an Demenz erkrankten Willis (Lance Henriksen), der bislang ein Leben als Farmer abseits der Großstädte führte und nun von seinen Kindern, den Geschwistern John (Viggo Mortensen) und Sarah (Laura Linney) in die kalifornische Metropole Los Angeles geholt wird. Schon auf dem Hinflug zeichnet sich ab, dass die kommende Zeit nicht einfach werden wird. Mehr als einmal lässt der alte Mann erkennen, dass er lieber auf seiner Farm geblieben wäre und vor allem seinen homosexuellen Sohn, dessen Ehemann Eric (Terry Chen) und deren Leben ablehnt. Auch die Tochter und ihre in Willis’ Augen mißratenen Sprösslinge bekommen ihr Fett weg. So stellt Willis das Leben seiner Kinder und Enkel*innen nicht nur gehörig auf den Kopf, sondern bringt auch jede*n Einzelne*n an seine*ihre Belastungsgrenzen. Zahllose Rückblenden werfen ein Licht auf das Leben von Willis, seinen Kindern und seinen beiden Ehefrauen, und dem*der Zuschauer*in wird klar, dass die Erkrankung nicht als Ausrede für Willis’ Launen und Wutausbrüche erhalten kann. Willis ist wie er ist: ein raubeiniger Farmer durch und durch, der seinem Sohn das Jagen, Schießen, Reiten beibringt, seine Launen an Frau und Sohn auslässt und für die Städter wenig übrig hat. Auch wenn Falling in der Vor-Ära Trump angesiedelt ist, spiegeln sich aktuelle Themen wieder: Homophobie, Rassismus, Frauenfeindlichkeit. Willis ist dabei in seinem alten Welt- und Rollenbild gefangen - und macht auch keine Anstalten seine Ansichten zu ändern.

 

Fiktion und Wirklichkeit


Die Idee zu Falling entstand 2015 als Mortensen auf dem Rückflug nach der Beerdigung seiner Mutter versuchte, seine Gedanken auf Papier festzuhalten. Auch wenn die Geschichte fiktiv ist, flossen Erinnerungen aus Mortensen’s Kindheit und Jugend mit ein. So handelt es sich bei der Jagdsequenz mit der vom kleinen John erschossenen Ente, die dieser dann später sogar mit in Badewanne und Bett nimmt, um ein reales Ereignis aus Mortensen’s eigener Kindheit.

Making Falling

Der Film springt teilweise abrupt zwischen dem Heute und der Vergangenheit hin und her, ohne dass der*die Zuschauer*in dabei jedoch den Anschluss an die Handlung verliert. Weite Landschaftsaufnahmen wechseln sich ab mit Nahaufnahmen. Anders als bei vielen mit Special-Effects ausgestatteten Blockbustern setzt Mortensen auf Natürlichkeit, Available Light und echte Kommunikation unter den Darsteller*innen. Auch die Kulissen und Drehorte - rustikale Farm, modernes kalifornisches Apartment und ohne Genehmigung gedrehte Szenen am Venice Beach - sind sorgsam ausgewählt. Bei der Ausstattung wird wieder einmal Mortensen’s Detailverliebtheit sichtbar. Für ein Schmunzeln sorgt die Erkenntnis, dass eines von Willis’ Pferden den Namen Bree trägt - jenen Ort, an dem Aragorn im Der Herr der Ringe-Epos erstmalig auf Frodo trifft. Die musikalische Untermalung ist dezent, tritt nie abrupt hervor und dient lediglich als Unterstützung der Handlung.

Auseinandersetzung mit der Krankheit "Demenz"

 

Falling ist ein einfühlsames Drama um das Älterwerden, Veränderungen, Krankheit und Tod. Dabei bleibt der Film stets auf einer sachlichen Ebene angesiedelt und gleitet nie in den Kitsch oder das Hollywood-typische „alles wird gut“ ab. An manchen Stellen mag Falling ein wenig verstörend wirken, was auch der Tatsache geschuldet ist, dass der Film manche Dinge direkt anspricht, anstatt sie dezent zu umschreiben. Und doch lässt Falling dem*der Zuschauer*in die Möglichkeit, sich eine eigene Meinung zu bilden. Lance Henriksen’s Darstellung des alten, dementen oftmals ungehobelten Mannes darf man meines Erachtens zu recht als Oscar-reif betiteln.

Sehenswert

Alles in allem ist Falling nicht nur ein gelungenes und vor allem anspruchsvolles Regiedebüt von Viggo Mortensen, sondern ein sehenswertes Werk über Familie, Schuld und Vergebung.



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Premiere of Falling, Berlin (Germany), 21st Oct. 2020.

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